Vom Hoffnungsträger zur Ramschware?
Als ReCore zum ersten Mal in Form eines Trailers auf der E3 vor zwei Jahren gezeigt wurde, war bei mir die Euphorie groß: Endlich mal wieder ein viel versprechendes Action-Adventure - eine neue Marke noch dazu. Und mit Armature, hinter denen einige Designer von Metroid Prime stecken, sowie Keiji Inafune (MegaMan, Dead-Rising-Serie) als treibende Kreativkräfte sind potente Entwickler mit an Bord. Doch danach wurde ein Mantel des Schweigens über das Projekt gestülpt. Es gab keine Spielszenen und als ReCore in diesem Jahr erstmals in spielbarer Form auf der E3 gezeigt wurde, blieb ein ernüchternder Eindruck.
Die Kernbots sind nicht nur im Kampf nützlich, sondern helfen auch, die Umgebung zu erforschen oder zu öffnen.
Zudem wurde bekannt, dass aus dem einstmals Xbox-One-exklusiven Titel dank "Play Anywhere" auch ein Spiel für Windows-10-PCs wurde - was prinzipiell natürlich keine schlechte Idee ist, aber den Anreiz für Xbox-One-Fans sicherlich etwas schmälerte. Die Szenen, die bei der gamescom dieses Jahres gezeigt wurden, konnten zwar wieder etwas Hoffnung geben, dass hier mehr als nur ein dumpfes Geballer mit minimalem taktischem Anspruch wartet. Doch dafür wurde angekündigt, dass ReCore mit einem Preis im mittleren Segment, also um die 40 Euro, versehen werden würde. War dies doch ein Zeichen dafür, dass Microsoft als Publisher der Qualität des Titels nicht traut? Offiziell hieß es zwar, dass man den Preis senken würde, um eine gesunde Basis für das Etablieren einer neuen Marke zu schaffen. Doch natürlich bleibt im Hinterkopf ein schaler Beigeschmack.
Reys kleine Schwester
Dieser wurde jedoch in der interessanten Anfangsphase beiseite gewischt. Die Protagonistin Joule Adams findet sich nach einer Katastrophe auf der Erde auf dem Planeten Far Eden wieder, der offensichtlich das erklärte Refugium der Überlebenden werden sollte. Doch auch hier scheint nicht alles glatt zu gehen. Aus einer Bewusstlosigkeit aufwachend, stellt sie fest: Die Terraformer arbeiten nicht, der gesamte Wüstenplanet wirkt unbewohnbar und wird von merkwürdigen Roboterwesen beherrscht. Das macht aber nichts, denn ihr Kumpan Mack ist ebenfalls ein Roboter. Genauer gesagt: Ein Kernbot in Form eines Hundes. Was es mit den Kernen erzählerisch auf sich hat, werden wir an dieser Stelle aus Spoilerrücksicht nicht verraten. Doch auch mechanisch spielen diese Kerne eine Rolle. Die seltenen Prismakerne, die man finden kann, sind sehr wichtig für die Rettung Far Edens, während die verschiedenenfarbigen Standardkerne, die man im Kampf von anderen Kernbots extrahieren kann, für die Entwicklung von
Die Plattform-Sequenzen gehören zum besten, was man in diesem stiefmütterlich behandelten Bereich derzeit bekommen kann.
Joules robotischen Freunden benutzt werden. Neben Mack findet man auch noch Seth (in der Anfangsform eine Spinne) sowie Duncan (anfänglich ein Gorilla), deren verschiedene Farben auch unterschiedliche Angriffsstile und Kampfanfälligkeiten repräsentieren.
Armature und Comcept schaffen es, in der Anfangsphase eine mysteriöse Stimmung aufzubauen, die mich neugierig macht. Allerdings fühlte ich mich auch sehr häufig an die erste halbe Stunde aus Star Wars: Das Erwachen der Macht erinnert. Wie Rey auf Jakku ist Joule auf einem Wüstenplaneten unterwegs, auf dem überall Wrackteile zu finden sind. Wie Rey ist Joule im weitesten Sinne Schrottsammlerin. Und wie die Macht-Nutzerin wird auch die Heldin aus ReCore von Robotern begleitet. Ob Armature diese Assoziationen beabsichtigt hat, weiß ich nicht. Aber es wiegt auch deswegen nicht so schwer, weil sich das Abenteuer von Joule trotz dieser grundsätzlichen Ähnlichkeiten schnell in eine andere Richtung entwickelt. Eine Richtung, in der mit schneller Action, Levelerforschung in vergleichsweise offenen Arealen sowie klassischen Plattformsequenzen drei interessante Eckpfeiler ins Fundament gegossen und vor allem anfänglich gut mit der Erzählung verknüpft werden. Im ersten Drittel passt das Tempo. Ruhige Erkundungsmomente wechseln sich ab mit rasanten Gefechten, nur um dann von waghalsigen Sprungsequenzen abgelöst zu werden.