Die zahnlose Zeit
Als das Original Anfang 2008 auf PS3, 360 und etwa ein halbes Jahr später auf dem PC erschien, war die Umbra-Hexe
Bayonetta erst in ihrer Entstehungsphase. Dementsprechend war der Weg für Dante und seinen spielbaren Sidekick Nero frei, um sich als Speerspitze der stylischen Action zu etablieren. Erzählerisch überaus gelungen, mechanisch die genau richtige Balance zwischen fair und fordernd findend und abseits der Schneelevel damals eine Augenweide, war es im Wesentlichen nur die strenge Linearität, die dem dynamischen Duo eine höhere Wertung verwehrte. Das und die sehr konservative Mechanik. Dennoch: Devil May Cry 4 (DMC4) war für viele das beste Spiel der Serie – und ist es bis heute. Trotz des gelungenen Reboots von Ninja Theory aus dem Jahr 2013. Ich bin in dieser Hinsicht gespalten. Mir gefällt die Richtung, die von den Briten bei der Neuinterpretation der Serie eingeschlagen wurde. Aber ich bin auch ein Fan der „klassischen“ stylischen Action, die von der Reihe maßgeblich definiert wurde und die mit DMC 4 ihren vorläufigen Höhepunkt fand, bevor sie zwei Jahre später von Bayonetta abgelöst wurde.
Die vor Feuerwaffen strotzende Lady gehört zum Trio frischer spielbarer Figuren.
Dementsprechend habe ich mich riesig gefreut, als Capcom eine Special Edition von Devil May Cry 4 für die aktuellen Konsolensysteme ankündigte. Allerdings mischte sich auch Skepsis in die Freude. Immerhin lag das Original eher in der Anfangsphase der letzten Konsolengeneration – und in der Zwischenzeit ist viel Wasser die Elbe hinunter geflossen. Soll heißen: Visuell ist seit damals viel passiert und viele Spiele sehen in der Erinnerung doch hübscher aus. Doch wie eine spielbare Version zeigte, musste ich mir in dieser Hinsicht keine Sorgen machen. Zum einen, weil die Kulisse damals schon ihrer Zeit voraus war. Zum anderen, weil sie im Gegensatz zu einigen anderen Titeln aus dieser Phase sehr gut gealtert ist und kaum etwas von ihrem Esprit verloren hat, wie ein klärender Blick in die 360-Version zeigte. Und zu guter Letzt, weil als Basis für die Konsolenversionen mit 1080p-Auflösung und flotten 60 Bildern pro Sekunde die PC-Version mit ihren hoch aufgelösten Texturen genutzt wird. Natürlich kann der Titel nicht mit aktuellen Grafik-Schwergewichten mithalten, doch für ein im Kern fast acht Jahre altes Spiel sieht DMC 4 immer noch richtig gut aus.
Stylisch wie immer
Viel mehr Gegner geht nicht: Der Modus "Legendärer Schwarzer Ritter" ruft die Veteranen zu den Schwertern und Pistolen.
Mindestens ebenso wichtig wie die Kulisse ist die Frage, wie sich die Mechanik nach zwei Hexenausflügen und einem modernen Nachfolger schlägt. Die Antwort darauf lautet: Immer noch gut! Die mittlerweile antiquiert wirkende statische Kamera, die sich immer wieder mit vom Spieler justierbarer Perspektive abwechselt, kann einen zwar mitunter verwirren - vor allem, wenn sie bei der Levelerforschung urplötzlich springt und einen aus dem Konzept bringt. Doch die Action hat es nach wie vor in sich. Der Wechsel zwischen Nah- und Fernkampf ist so gelungen wie eh und je und bereits nach kurzer Zeit fließen die Kombos aus den Fingern, als ob es die letzten beinahe acht Jahre nicht gegeben hätte. Zusätzlich hat man sich des Fan-Feedbacks angenommen und hinsichtlich Balance, Tempo usw. einige Änderungen eingebaut, so dass sich die aktuelle Version unter dem Strich runder anfühlt als der "ältere" Bruder, der in Japan Anfang 2008 veröffentlicht wurde.
Die Kulisse hinterlässt einen ordentlichen Eindruck. Devil May Cry 4 ist visuell gut gealtert.
Doch das ist nicht der einzige Grund, weswegen es selbst für Veteranen lohnen könnte, sich erneut durch die Monsterhorden zu schnetzeln. Während die neuen Kostüme und Skins nur kosmetischer Natur sind, ist es vor allem die Ergänzung der Kämpferriege um Vergil, Lady und Trish, die an die Controller locken dürfte. Dabei ist Vergil als stilistische Mischung aus der Figur der Devil May Cry 3 Special Edition sowie der aus DmC Devil May Cry in jeder Mission spielbar. Lady ersetzt in den entsprechenden Missionen Nero, während Trish in den Abschnitten spielbar ist, die man bislang mit Dante erforschen durfte. In der Vorabversion habe ich vor allem einen Narren an Lady mit ihrem Fokus auf Projektilwaffen gefressen. Durch ihre vergleichsweise langsame Natur erfordert sie eine andere Herangehensweise, kann dies aber durch eine gewaltige Durchschlagskraft kompensieren: Bei einem Bosskampf waren ihre Granaten und ihr Raketenwerfer auf jeden Fall eine sichere Bank! Und für alle, die bei DmC bereits den "Gods-Must-Die"-Modus mit Bravour erledigt haben und eine neue Herausforderung suchen, gibt es hier den Modus "Legendärer Schwarzer Ritter": Dabei werden nicht nur deutlich mehr Gegner in die Abschnitte gestopft. Die Gruppen werden auch vollkommen neu zusammengestellt, so dass man sich nicht wundern sollte, wenn einem bereits zu Beginn die Engelsritter begegnen und einem mit einem Rudel Vogelscheuchen das Leben schwer machen.